Interview mit unseren Schafscherern

Seit bald 20 Jahren sind unsere Schafscherer im Frühling unterwegs.
Was motiviert sie, eine Schertour zu unternehmen, sehr früh aufzustehen, bis in den südlichsten Tessin und bis ins nördlichst gelegene Dorf der Schweiz zu fahren, Familie und Verpflichtungen für einen Tag links liegen zu lassen und einer Schweiss treibenden Arbeit nachzugehen? 

Yvan

1. Was fasziniert dich am Schafscheren?
Man kommt immer wieder auf verschiedenste Höfe, Schafställe und Umgebungen. Es ist sehr interessant, zu sehen und dazuzulernen, wie die Schafbesitzer unterschiedlich organisiert sind. 

2. Welche Schafe scherst du am liebsten?
Eindeutig die Skudden. Alle anderen Rassen sind entweder sehr schwer (gefühlt 200kg), haben viel Wollschweiss am Bauch, was die Schermaschine ziemlich strapaziert oder haben so feine, weiche Haut und viele Falten, dass es sehr schwierig ist, die Schafe nicht zu verletzen. 
Skudden zu scheren ist wie Dessert essen.

3. Was gefällt dir als Schafscherer gar nicht.
Wenn es regnet und die Schafe nass sind. Dann rutscht man auf der Scherplatte wie auf Seife aus. Die nasse Hose klebt an den Beinen, so dass man sich nicht richtig Bücken kann.
 
4. Was sind die schönsten Momente an einem Schurtag?
Ich geniesse vor allem die Momente: die gemeinsame Reise zum Schafschurort, zusammen Arbeiten und Pause machen, wo es immer viel zum Lachen gibt. Manchmal gibt auch eine Spezialität zum Probieren. Mmmm

Hans

1. Was fasziniert dich am Schafscheren? 
- Ganz am Anfang war die Idee, alles was mit Schafhaltung zu tun hat, selber zu erlernen. Dann kam der Ehrgeiz dazu, eine nicht ganz so einfache, körperlich anspruchsvolle Arbeit einigermassen zu beherrschen.
- Die meisten VSSZ-Mitglieder sind besonders interessante Leute. Es ist eine der wenigen Gelegenheiten, mit andern Skuddenhalter/innen Kontakt zu pflegen und sie überhaupt kennen zu lernen.
- Es ist heikel, vom Schafschervirus oder einer Art Sucht zu sprechen, aber es geht in diese Richtung. Der Endorphinspiegel ist sicher erhöht.

2. Welche Schafe scherst du am liebsten? 
Schafe, die sich nicht wehren und stillhalten. Nicht zu Kleine, nicht allzu Grosse, mit unbewolltem Kopf und unbewollten Beinen. Lange Wollschwänze finde ich mühsam zum Ausscheren, vor allem wenn sie noch verschmutzt sind.

3. Was gefällt dir als Schafscherer gar nicht?
- Unfreundliche, unkooperative Halter, die keine Ahnung von Schafen haben. 
- Zu kleine, unebene oder verschmutzte Scherplätze, die langen Fahrten, Stau auf der Heimfahrt.

4. Was sind die schönsten Momente an einem Schurtag? 
Wenn man es geschafft hat; der Anblick der geschorenen Herde, noch etwas Geselligkeit mit den Halter/innen und den Scherkollegen.

Fabian

1. Was fasziniert dich am Schafscheren?
Ein Schertour oder das Scheren eines grösseren Bestandes bedeutet für mich ein Austreten aus dem Berufs- und Familienalltag. Mich fasziniert dann insbesondere beim Scheren von grösseren Beständen der „Flow“, der plötzlich entstehen kann. Ich werde jeweils mit dem nächsten Schaf bedient und komme dann in einen Rhythmus, der alle Gedanken ausschalten lässt. Ich verliere dann sogar die Wahrnehmung rund um mich herum und tauche mit dem Geräusch der Schermaschine in eine Art Meditation ein. Dass am Schluss auch ein Arbeitswerk (die geschorenen Schafe) begutachtet werden kann, befriedigt zusätzlich.

2. Welche Schafe scherst du am liebsten?
Natürlich unsere Skudden. Hier ist das richtige Handling und die Technik besonders wichtig.

3. Was gefällt dir als Schafscherer gar nicht?
Ich habe Mühe, wenn man als Schafscherer für alles am Schaf verantwortlich ist: Einfangen, zum Schurplatz bringen, Klauenpflege und wieder zurückbringen. Meiner Meinung nach sollte jeder Halter mit dem Handling der eigenen Schafe vertraut sein und zumindest mit dem Scherer zusammen für einen guten Schurablauf sorgen.

4. Was sind die schönsten Momente an einem Schurtag?
An neuen Orten eine neue Region, ein neuer Hof, neue Stallideen und neue Menschen kennen zu lernen.

Beni 

1. Was fasziniert dich am Schafscheren.
- Schafscheren ist wie einen Sport betreiben. Man koordiniert einen Ablauf, hat ein Gegenüber, ist auf gutes Material angewiesen und kann sich immer verbessern.
- Wir haben ein Werkzeug, eine Arbeit, Tiere und Kunden. Eine übersichtliche Sache.
- Das Unterwegs sein, wo wir hinkommen, sind wir willkommen.

2. Welche Schafe scherst du am liebsten?
Gut scherbare Schafe, mit offener Wolle, bei denen das Messer nur so über den Körper fliegt.
Und wenn ich schon am Wünschen bin: Bitte mittlere Grösse und weisse Schafe, die unbewollte Gliedmassen und keine Falten haben und ruhig hinhalten.

3. Was gefällt dir als Schafscherer gar nicht?
- Schlechte Tierhaltung, was zum Glück ganz selten vorkommt.
- Schwarze Schafe bei schlechtem Licht zu scheren.

4 Was sind die schönsten Momente an einem Schurtag?
- als Team zu arbeiten
- nach getaner Arbeit mit den Züchtern und den Kollegen noch zusammensitzen
- die speziellen Orte, Leute, Tiere, Landschaften, Häuser und Einrichtungen zu erleben.


Zu den Bildern:
Auf den Bildern sind wir bei Marc Wyer im Wallis. Es war sehr interessant die verschiedenen Landschafrassen zu vergleichen, die Marc hält: Engadiner, Bündner Oberländer, Walliser Landschaf, Skudde, Jakobsschaf.
Zur Stärkung gab es feines, selber gebackenes Roggenbrot, Käse und natürlich auch Schafwürste.
Mmmmmm. 

Beni Egloff