Farbvererbung Skudden

Die meisten Skuddenzüchter haben schon die Erfahrung gemacht, dass einige ihrer Lämmer nicht die erwartete Farbe, diejenige der Elterntiere, aufweisen. Mit dem Vererbungsmodell von Mendel lässt sich das nicht erklären und die Dominanzregel weiss>schwarz>braun gibt keine brauchbare Erklärung, erweist sich als zu vereinfachend. Deshalb soll hier versucht werden ein etwas umfassenderes Vererbungs-Modell vorzustellen, welches die manchmal abenteuerlichen Farbvarianten unserer Lämmer erklärt. 


Jedes Lamm erhält von beiden Eltern je ein Gen mit den Informationen für bestimmte Eigenschaften. Allfällige Varianten dieser Gene heissen Allele.

Das farbliche Aussehen eines Schafs wird vorwiegend von den Allelen dreier verschiedener Gene bestimmt. Diese Gene befinden sich an verschiedenen Orten der Chromosomen.

  1. Grundfarbe: es gibt nur 2 Varianten der Grundfarbe, Schwarz und Braun, das sind Varianten des Farbstoffs Eumelanin. Schwarz ist dominant zu Braun. Ein schwarzes Schaf kann reinerbig schwarz sein( beide Allele schwarz) oder mischerbig (ein schwarzes und ein braunes Allel) Der Phänotyp (Erscheinungsbild) ist in beiden Fällen Schwarz. Ein braunes Schaf ist immer reinerbig braun, der Phänotyp entspricht dem Genotyp.
  2. Muster: das Gen für das Muster ist dem Grundfarbe-Gen übergeordnet; es bestimmt ob und wo Farbe eingebaut wird. Vom Muster-Gen gibt es 3 Varianten: das Muster Weiss bestimmt, dass überhaupt keine Farbe eingebaut wird, Schimmel (=Grau) dass selektiv an verschiedenen Stellen mehr oder weniger Farbe eingebaut und Einfarbig dass überall Farbe eingebaut wird. Weiss ist dominant zu Schimmel und Einfarbig, Schimmel dominant zu Einfarbig. Jedes Tier kann nur 2 der 3 Varianten besitzen. Auch hier entspricht nur beim Einfarbigen der Phänotyp dem Genotyp. Beim Weissen und Schimmel kennen wir nur das dominante Allel.Grau in verschiedenen Abstufungen entsteht durch ein Gemisch von schwarzen und weissen Fasern in verschiedenem Mischverhältnis.
  3. Scheckung: hier gibt es 2 Varianten. Ungescheckt und Gescheckt. Das Allel Ungescheckt ist dominant.

Alle Tiere mit den dominanten Genvarianten (vor allem Muster Weiss, Ungescheckt) geben die Eigenschaften der rezessiven Allele nicht preis. Sie sind in dem Sinn Wundertüten. (Erst die Nachzucht kann je nach Kombination die versteckten Allele offenbaren.) Ein Extremfall ist ein weisses Tier mit dem Scheckungs-Gen: es erscheint weiss trotz Grundfarbe schwarz oder braun, das Scheckungs-Gen verhindert in der Scheckung den Einbau von Farbe.
Mit diesem Vererbungsmodell haben wir also eine Erklärung, warum unsere Lämmer bisweilen eine andere Färbung aufweisen als erwartet: wenn bei der Neukombination der Allele der Elterntiere ein dominantes Allel nicht eingebaut wird und dadurch ein rezessives Merkmal zum Vorschein kommen kann, das vorher vom Dominanten überdeckt war.


Neben diesen 3 wichtigen Genen, die das Aussehen unserer Skudden bestimmen, gibt es weitere genetische Mechanismen, die z.B. die Intensität der Grundfarben bestimmen oder diese „verdünnen“, oder andere Farbpigmente bilden (wie das Phäomelanin, verantwortlich für den, rostigen, fuchsigen oder goldigen Anflug bei Weissen, oft nur bei den Lämmern, verblasst später) oder die Färbung bestimmter Körperteile verantworten.


Vielfalt: Unser Zuchtreglement erlaubt nur weisse, schwarze und braune Tiere und schränkt die Möglichkeit einer grösseren Vielfalt ein. Vielfalt in der Natur erhöht die Überlebens-chancen. Es ist zu hoffen, dass die Einschränkung der Farbvielfalt durch unser Reglement nicht auch eine Einschränkung von Genen bedeutet, die für Gesundheit und Fitness verantwortlich sind, falls sie mit den Färbungsgenen verkoppelt wären.

Wer sich eingehender mit der Farbgenetik befassen möchte, dem sei das unterhaltsame Fachbuch „Bunte Schafe“ von Irina Böhme und Saskia Dittgen (ISBN 9783744864701) bestens empfohlen.